Tool-Tip Nr. 3: Rocksmith - Der Drill-Trainer schlechthin für Vier- und Sechs-Saiter ... und manchmal sogar Notenquelle für alle anderen Harmonie-Instrumente

Ihr spielt Gitarre oder Bass und habt noch nie von Rocksmith gehört? Kann doch nicht sein!
Oder ...

Rocksmith ... ihr glaubt das ist ein Videospiel? - Aber nein, mitnichten.

Ja schon klar, Rocksmith ist erhältlich in der Games-Abteilung der Elektronik-Märkte. Und ein ebenso klares Ja, es sieht auf den ersten Blick aus wie Guitar Hero & Co. Und jahaaa, der Herausgeber ist der Games-Entwickler ubisoft. - Aber: Neiiheeen, das ist kein Videospiel! Sondern ein hoch-potentes Lerntool für Gitarre und Bass! Und wer es sogar schon besitzt und dann immer noch denkt, es sei ein Videospiel, der macht definitiv etwas falsch in der Anwendung.

Also weiterlesen ... weil ... best tool ever (jedenfalls bis zum heutigen Tage, versteht sich).

Die bislang unschlagbaren Vorteile von Rocksmith

Rocksmith ist ein graphisches Lernprogramm, dessen Optik ähnlich aufgebaut ist wie jene von Guitar Hero. Aber es ist eben nicht mit einer Plastikgitarre mit vier Tasten zu bedienen, sondern man stöpselt seine eigene, echte Gitarre (oder seinen eigenen, echten Bass) an den PC, um Rocksmith zu nutzen. Ein spezielles Kabel liegt der Software bei (Achtung: Nur die Version mit beiliegendem Kabel kaufen, weil das Kabel alleine häufig nur sehr schwer erhältlich ist und ihr es in jedem Fall benötigt).

Also wie gesagt, hier geht es nicht um Spielzeug-Instrumente. Das größte Vorurteil sollte damit schon mal aus dem Weg geräumt sein. Also weiterlesen ... weil ... na ja ihr wißt schon ... best tool ever und so.

Rocksmith verspricht, dass es keinen schnelleren Weg gibt, Gitarre oder Bass zu lernen. Und das ist tatsächlich nicht zu viel versprochen. Es sei aber direkt dazugesagt: Selbstverständlich benötigt man noch weitere Tools, und selbstverständlich benötigt man trotzdem auch noch einen Musiklehrer (siehe dazu weiter unten).

So, jetzt aber mal ganz konkret im Überblick, die vier größten Benefits von Rocksmith:
  • Als Anfänger lernt man von Beginn an mit den großen Songs der Musikgeschichte. Und das macht einfach tausendmal mehr Spaß als tagelang "Mary had a little Lamb" und sonstige Tiergeschichten zu dudeln.
  • Als Anfänger ist man direkt gezwungen, nicht auf sein Fretboard zu schauen, bekommt das dann auch wirklich zügig hin, und man lernt somit das Fretboard eben sehr schnell "gefühlsmäßig" kennen.
  • Die Note Detection ist ziemlich gut, aber dennoch auch ein klein wenig verzeihend (so dass Anfänger nicht verzagen, wenn sie den Akkord nicht ganz sauber greifen, wobei sie aber mittelfristig dennoch nicht wirklich um eine Verbesserung ihrer Grifftechnik herumkommen).
  • Rocksmith eignet sich zudem ausgezeichet als Drill-Trainer. Jede nicht getroffene Note wird erkannt und gemeldet (mit geringfügigem Toleranzgrad, wie gesagt). Wer zum Beispiel an seiner Greif-Geschwindigkeit arbeiten möchte, der sollte hin und wieder mal die Metal-Songs der Songliste schrammeln, bis er bei dem jeweiligen Song beispielsweise 75% erreicht hat (oder bis der Arm abfällt, je nachdem welches Ereignis früher eintritt). Für diesen und andere Skills sind aber zudem auch spezielle Modi nützlich.

Rocksmith bietet nämlich viele unterschiedliche Lern-Modi, und nicht alle davon sind natürlich in gleicher Hinsicht und in gleichem Maße geeignet, um umfangreich das Musikmachen zu lernen. Wie bei allen Mega-Tools kommt es also auf den User selbst an, dass er das Potential des jeweiligen Modus erkennt und dann ganz dediziert nutzt.

Die nützlichsten Modi von Rocksmith

Als nützlichste Modi von Rocksmith sind im allgemeinen die folgenden drei Optionen anzusehen:
  • Der wichtigste Modus ist der Riff-Repeater. Ihr könnt hier für jeden Song der Songliste unterschiedliche Geschwindigkeiten und unterschiedliche Notendichten (nur die markantesten Noten/Akkorde bis hin zu jeder Note des Originals) einstellen und bestimmte Songteile dann endlos wiederholen, jeweils mit Rückmeldung, wieviele Noten ihr nicht getroffen habt. Und das ist halt sehr motivierend, denn schnell ist der persönliche Ehrgeiz geweckt, so lange zu üben, bis da endlich eine Null steht.
  • Im Score Attack Modus könnt ihr Euch bei jedem Song der Songliste mit anderen messen. Für zu früh oder zu spät (oder gar nicht) getroffene Noten gibt es signifikanten Punktabzug, jeder Song hat seine eigene Weltrangliste.
  • Zudem gibt es Mini-Games, von denen einige echt nützlich sind. Mit der Gitarre in 3D-Egoshooter-Manier Monster abknallen?? - Monster erscheint, ein Akkordname wird daneben angezeigt, und entweder ihr spielt den Akkord rechtzeitig oder werdet sonst eben zu Monsterfutter. Also ... wenn's der Geschwindigkeit beim Umgreifen der Akkorde dient, was spricht denn dann gegen Monster? Ihr könnt Euch natürlich auch auf Hühner beschränken, wenn ihr nur das schnelle Auffinden der unterschiedlichen Bünde trainieren möchtet ;-)

Wie gesagt, hier wurden nur die wichtigsten drei Modi vorgestellt. Es gibt aber noch weitere Modi; "Learn A Song" ist leider mitunter ein bisschen laggy, die Lernvideos sind ganz nice, lokaler Multiplayer-Modus und noch einiges mehr ist ebenfalls möglich.

Konkrete Empfehlung zu den unterschiedlichen Modi von Rocksmith

Für Anfänger sind die Mini-Games (auch hiervon gibt es noch weitere als nur die beiden oben angesprochenen) eine gute Möglichkeit, einzelne Skills am Instrument zu lernen. Ansonsten gilt aber vor allem: Riff-Repeater und Score Attack nutzen.

Innerhalb des Riff-Repeaters wird auf Dauer jeder seine favorisierten Einstellungen finden. - Hier dennoch eine konkrete Empfehlung:
Den Meister-Modus ausschalten (sonst müßt ihr jeden Song beim Üben auch schrittweise auswendig lernen, was bei den meisten Songs ja eigentlich niemand wirklich will und was insofern nur den menschlichen Arbeitsspeicher belastet), als Song-Ausschnitt den ganzen Song wählen (natürlich außer wenn ihr gerade mal Probleme an ganz speziellen Stellen des Songs habt), als Schwierigkeitsgrad 100% wählen (sonst müßt ihr die Notendichte schrittweise steigern, und bei jeder Steigerung merkt ihr dann, dass ihr doch irgendwo wieder anders greifen müßt als bisher schon angewöhnt), als Geschwindigkeit superlangsam anfangen, und dann nach erfolgreichem Spielen in sehr kleinen Schritten nach und nach die Geschwindigkeit steigern.
Mit dieser Einstellungs-Konstellation könnt ihr wirklich so gut wie jeden Song lagfrei wie im Original zu beherrschen lernen.

Wenn ihr einen Song im Riff-Repeater richtig gut beherrscht, macht ein Wechsel zum Score Attack Modus und eine dortige Wahl der Song-Variante "Schwer" Sinn. Um hier zu punkten, ist man gezwungen, beim Spielen des Songs noch rhythmischer zu werden. Man löst sich dadurch nach und nach etwas mehr von der Optik des Spiels und fängt an, den Song auch nach Gehör gut zu üben. Hier entwickelt man also schließlich auch noch den nötigen Groove, ganz automatisch, jedenfalls wenn man sich denn nicht mit einem Ranglisten-Platz auf Fernerliefen zufriedengeben möchte.

Daran anschließend sollte man sich dann natürlich noch den allerlletzten Schliff des Songs im "Real Life" verpassen, also zu guter letzt dann noch ohne Rocksmith zum MP3 üben.

Unabhängig von der soeben beschriebenen Vorgehensweise ist im Score Attack Mode aber auch mal die Einstellung "Leicht" empfehlenswert. Denn um hier wiederum gut abzuschneiden, muss man wirklich nahezu jeden Ton absolut in time treffen. Man trainiert das Timing hier zwar etwas mechanistisch und somit deutlich weniger groovy, aber auch das macht sich auf seine Art sehr bezahlt.

Und die Einstellung "Mittel" im Score Attack ist schließlich vor allem dann dienlich, wenn ihr den Song in "Schwer" noch nicht schafft und trotzdem schon für das "Real Life"-Spielen eine gut klingende Version mit reduzierter Notendichte benötigt.

Die Songliste: Ein Who is Who der Musikgeschichte, mittlerweile auch über den Rock-Tellerrand hinaus

Im Lieferumfang von Rocksmith 2014 (= derzeit aktuellste Version) sind bereits 66 Songs enthalten (davon 11 als Unlockables).

Der Vorgänger Rocksmith (ohne Jahreszahl-Zusatz, weil erste Version) enthielt 57 Songs (davon 6 Unlockables). Diese Songs können fast alle auch in Rocksmith 2014 importiert werden.

Ein weiterer Song sowie einige Bonus-Arrangements sind darüber hinaus noch über uplay (= ubisoft-Portal) erhältlich.

Zudem macht Ubisoft wöchentlich neue Songs für Rocksmith verfügbar, die zum Download erworben werden können, und das zu einem absolut fairen Preis: pro Song rund 3 Euro (es sind immer Rhythmusgitarre, Lead-Gitarre und Bass enthalten, außer eines der Instrumente existiert im Originalsong eben mal nicht), und beim Kauf von Song-Packs (also mehreren Songs in einem Paket) gibt es dann noch Rabatte.

Wer auf Rock und Powerchords in allen Varianten steht, für den war Rocksmith schon lange das Paradies. Die Herausgeber haben es mit dem Namen des Tools ziemlich lange sehr eng gehalten, auch wenn sie das so deutlich nie zugegeben haben. Seit einiger Zeit sind die wöchentlichen Song-Packs aber wesentlich vielfältiger geworden. Wenngleich man tatsächlich bei so gut wie jedem Song in Rocksmith etwas lernen kann, auch wenn er halt womöglich ganz und gar nicht dem eigenen Musikgeschmack entspricht, ist es dennoch erfreulich, dass auch den Freunden aller möglichen anderen Musik-Genres nun offenbar etwas mehr Gehör verschafft wird.

Welche Künstler und welche Songs im einzelnen schon alles so vertreten sind, könnt ihr unter den folgenden Links nachschauen:


Anmerkung: Darüber hinaus gibt es dann auch noch von Usern selbst erstellte Rocksmith-Songs (Custom DLCs, kurz CDLCs), was jedoch urheberrechtlich problematisch ist.

Rocksmith-User könnten denken, dass das Tool den Musiklehrer überflüssig macht? Ziemlich dumme Annahme, von beiden Seiten

Wer Rocksmith nutzt und glaubt, dass er dadurch keinen Musiklehrer mehr braucht, der ist wirklich ausgesprochen kurzsichtig. Mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen.

Und wer andererseits als Musiklehrer glaubt, dass Rocksmith ihm selbst zur Konkurrenz werden könnte, der ist wohl auch nicht klüger. Das wäre nämlich ungefähr genauso, als wenn ein Fußballtrainer seinen Spielern untersagen würde, nach dem Training noch Joggen zu gehen, weil sie dann zu schnell fit würden und nachher glauben könnten, der Trainer sei ja eigentlich überflüssig ... und wenn der Trainier darum lieber seine Spieler beim Ligaspiel hinterherhecheln ließe, bis sie auf Fußball schließlich keinen Bock mehr haben.

Wie wär's denn anstatt dessen mal damit, solche Tools aktiv in den Musikunterricht einzubinden. Quasi als Hausaufgaben, und das Ergebnis wird dann hin und wieder mal im Musikunterricht vorgeführt und dann real verfeinert. Solche Musiklehrer, die vor entsprechenden Technologien keine Angst haben, sondern sie (zumindest auf Wunsch) selbstbewußt in den Unterricht einbauen, soll es übrigens geben ... es sind aber derzeit ganz seltene Exemplare.

Rocksmith-Videos (Rhythmusgitarre) auf Youtube als Notenquelle für weitere Instrumente

Da es sehr viele bekannte Songs ja mittlerweile auch für Rocksmith gibt und da zudem nicht wenige der Rocksmith-User auch Youtube-affin sind, gibt es für viele Songs Youtube-Videos, die den Notenverlauf auf Rocksmith abbilden. Ubisoft legt wert darauf, dass die Noten in der Regel sehr genau vom Original transkribiert werden, und insofern könnt ihr für den einen oder anderen Song auch mal die Noten über solche Videos bekommen.

Mitunter sind die Videos sogar nützlich für ganz andere Instrumente, zum Beispiel für Klavier oder Saxophon. Denn wenn ihr speziell nach dem Rhythmusgitarren-Video eines Rocksmith-Songs sucht, dann erhaltet ihr darüber die Akkorde des Songs (es sei denn der betreffende User hatte die Akkord-Anzeige ausgeschaltet) und könnt Euch so für Euer Instrument zum Beispiel ein Leadsheet erstellen. Die spezielle Darstellungsweise vermittelt zudem auch oft ein gewisses Gefühl für das Timing der Akkorde und kann daher selbst dann noch nützlich sein, wenn ihr das Leadsheet bereits auf anderen Wegen bezogen habt. Überdies könnt ihr bei Rocksmith sicher sein, dass die Noten nicht transponiert sind und müßt sie also nicht erst noch durch Heraushören des Song-Anfangs abgleichen.

Hier ein Video-Beispiel für "High and Dry" von Radiohead (Akkordnamen dort ca. ab der 30. Sekunde sichtbar, da ganz zu Beginn des Songs keine konventionellen Akkorde zu spielen sind):
https://www.youtube.com/watch?v=EKDiVi2E5SY
Und wo wir schon "hoch oben" sind, dann auch gleich noch einen kleinen Schmankerl für den Bass, Higher Ground in der RHCP-Version:
https://www.youtube.com/watch?v=wBzynkHaffQ

Anmerkung: Wenn in Videos mehr als 100% erreicht wird, hat der User den Meister-Modus eingeschaltet und mußte daher zumindest einige der Noten auswendig spielen.

Sonstiges

Was sollte man sonst noch zu Rocksmith erwähnen?
  • Die Darstellungsweise der Saiten ist in Rocksmith standardmäßig (tiefe E-Saite oben) umgekehrt dazu, wie es erfahrene Musiker von Tabs klassischerweise (tiefe E-Saite unten) gewohnt sind. Das läßt sich jedoch in den Einstellungen ändern. Zumindest für Anfänger ist die Standard-Einstellung von Rocksmith aber etwas intuitiver (und eine spätere Umgewöhnung ist in diesem Fall recht gut möglich).
  • Preis der Version mit Kabel (wie gesagt: keinesfalls die Version ohne Kabel kaufen): Rund 50 Euro
  • Die PC-Version erfordert, auch wenn sie als CD gekauft wurde, leider eine Registrierung bei uplay sowie bei Steam. Über Steam erfolgen dann die Downloads von Zusatzsongs, welche zum Beispiel mit Steam-Prepaid-Karten (erhältlich an vielen Tankstellen sowie in vielen Supermärkten und in Elektronik-Märkten) gezahlt werden können.
  • Außer für PC ist Rocksmith auch für andere Plattformen verfügbar (z.B. Playstation). Aber: viele Rocksmith-User anderer Plattformen kaufen sich wohl letztlich doch noch einmal die PC-Version, aus diversen Gründen (hierzu müsstet ihr ggf. selbst mal näher recherchieren). - Also daher ... vermutlich doch besser direkt die PC-Version erwerben.

Darüber hinaus gibt es bei so einem mächtigen Tool wie Rocksmith natürlich noch eine Menge weiterer Punkte, die man erläutern und diskutieren könnte. Aber dieser Beitrag hat ohnehin schon Überlänge, und auch nach weiteren Erläuterungen bliebe das Fazit: Ein Must-Have!